Ambi-Budd-Presswerk

In Adlershof bietet derzeit eine Photovoltaik-Firma die Spitze des energieoptimierenden Bauens in ihrem neuen Verwaltungsgebäude (Solon). Ähnlich revolutionär muss 1913 das Gebäude einer Luftschiff-Doppelhalle auf dem gerade erst begründeten Johannisthaler Flugfeld gewirkt habe. Gebaut hatte sie Arthur Müller, der seine geschäftliche Laufbahn mit dem Verkauf von Maiskeim-Melasse als Viehfutter begonnen hatte. In der Landwirtschaft war ihm bald der Bedarf an Scheunen zur Getreidespeicherung aufgefallen, die er in Leichtbauweise zu produzieren begann. In derselben Bauweise ließen sich aus Holz oder Metall auch Industriebauten herstellen, vor allem für den Flugsektor mit Luftschiffen, Ballonen und Motorflugzeugen. Durch den Ersten Weltkrieg beflügelt, nahm der Flugzeugbau einen rasanten Aufstieg, an dem die von Müller mitbegründete Luft-Verkehrs-Gesellschaft einen bedeutenden Anteil hatte.

Der Versailler Vertrag verbot den Bau von Militärflugzeugen. Die ersten zivilen Flugdienste, darunter die nach Weimar zur verfassunggebenden Versammlung, starteten noch von Johannisthal, ab 1924 von Tempelhof. A.Müller wandte sich neuen Geschäftsfeldern zu und gründete in den von der AEG erworbenen Flugzeughallen eine Waggon- und Apparatebau AG mit Gleisanschluß an den Güterbahnhof Schöneweide an der Görlitzer Bahn. Rund um den Johannisthaler Flugplatz entstanden Villen und Siedlungsbauten, für die die AMBI (Arthur Müller Bauten- und Industriewerke) Baustoffe, Platten, Steine und Dachziegel herstellte. Durch die Zusammenarbeit mit der Edward G.Budd Manufactoring Co. gelang es Müller 1926, das modernste Produktionsverfahren für Autokarosserien nach Treptow zu holen. Statt der bis dahin verwendeten Holzrahmen mit Blechverkleidung wurden beim AMBI-Budd-Pressverfahren Ganzstahlkarosserien mit riesigen Stahlpressen hergetellt.

Die neuen Werkhallen enstanden am verlängerten Groß-Berliner Damm. Diversifizierung durch den Erwerb von Anteilen an den Adler (Automobil)Werken und am Karosseriewerk der DIAG in Spandau konnten einen Niedergang im Gefolge der Weltwirtschaftskrise nicht verhindern. Vorschriften über Konzernentflechtung und Arisierung in der NS-Zeit verdrängten Müller aus dem Geschäft. Die amerikanischen Firmenteilhaber übernahmen das Werk 1941 vollständig. Im gleichen Jahr konnte die Witwe von A.Müller unter Zurücklassung aller Vermögenswerte das Land noch verlassen. Da die Ambi-Budd-Werke während des Krieges Karosserieteile für die Wehrmacht unter überwiegendem Einsatz von Zwangsarbeitern hergestellt hatten, wurden sie nach 1945 beschlagnahmt. Sie dienten den sowjetischen Truppen als zentrale Reparaturwerkstatt, wurden später verstaatlicht und als VEB weitergeführt (VEB Kühlautomat).

Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Hinweise hierzu sind herzlich willkommen.

 

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Abgedruckt in Treptow kompakt 2015 beim Verlag BfB Bestmedia 4 Berlin
Text: Dr. Klaus Dettmer
Illustrationen: BBWA