Vom Luxus-zum Massenfahrzeug, Karosse und PKW

Wilmersdorf 2015 02Es sind erst knapp 60 Jahre vergangen, seit sich der PKW als Massentransportmittel durchzusetzen begann. Bis dahin galt eine Karosse als nobel und nur für die obersten Zehntausend als erschwinglich, die im Westen Berlins wohnten. Die Karosseriebetriebe ließen sich in den noch unbebauten Teilen Wilmersdorf in der Nähe ihrer Kundschaft auf einer Linie westlich von Hektor- und Nestorstraße beiderseits des Kurfürstendamms nieder. Der war schon seit den 1880er Jahren als Prachtstraße zur Villenkolonie Grunewald geplant, immer noch aber unvollendet und von Ausstellungshallen zwischengenutzt . Halensee galt mit dem 1904 eröffneten Luna-Park als Ausflugsziel. In den noch nicht bebauten Areale konnten sich die wenig Dreck emittierenden Karosseriebetriebe ansiedeln. Automobil-Ausstellungshallen und die AVUS als Versuchs- und Erprobungsstrecke entstanden noch vor 1914.

Nach dem Verbot der Rüstungsproduktion 1919 suchten viele Firmen zivile Tätigkeitsfelder und fanden dabei u.a. die Herstellung von Automobilen. Allein in Charlottenburg entstanden damals an die zwanzig Karossenhersteller. Große Garagen-Anlagen und Parkhäuser (Kantstr.126/127) waren die angesagten Abstellplätze der neuen Statussymbole. Die Herstellung der Fahrzeuge erfolgte wie bei Maßanzügen nach den Vorgaben der Kunden in Einzelfertigung durch das Zusammenwirken der verschiedensten Berufe. Auch heute noch findet man in den auf Reparaturen geschrumpften Werkstätten Blechschmiede, Schlosser, Monteure, Sattler, Lackierer und Vulkanisateure. Noch lange waren die Kfz-Handwerker in der Stellmacher- und Karosseriebauer-Innung organisiert. 1956 verzeichnete das Branchenbuch unter dem Stichwort Fahrzeugbauer und Karosserien um die 15 Betriebe in Wilmersdorf, darunter Erdmann & Rossi in der Karlsruher Straße 19-22 und Friedrich Rometsch in der Nestorstr. 41, beide Lieferanten für Stars aus Kunst, Kultur und Sport.

Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Hinweise hierzu sind herzlich willkommen.

 

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Text: Prof. Dr. K. Dettmer