Berlin-Mitte im Zeitalter der Manufakturen 1700-1800

Mitte 2012 13 Fonrobert Reimann 1868Unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. wurde das stehende Heer vorrangig ausgebaut. Die Bedürfnisse der Armee wurden zum entscheidenden Wirtschaftsfaktor. Die ökonomische Theorie der Zeit, der Merkantilismus, forderte die Unabhängigkeit von ausländischen Lieferanten. Der Staat regte an, plante und unterstützte die Anlage von Manufakturen, die den Eigenbedarf der Armee und der Bewohner abdecken und Exporterlöse erwirtschaften sollten. Dazu gehörten besonders im Textilbereich Woll- und Baumwoll-, Seiden-, Leinen-, Band- und Strumpfwaren-Manufakturen. Zu Hilfe kamen dem Staat dabei die Fachkenntnisse der französischen und böhmischen Glaubensflüchtlinge, Hugenotten und Herrnhuter. Während die Hugenotten vor allem bei der Gründung neuer Manufakturzweige auftraten z.B. Duplantier als Kattunproduzent, Girard und Fonrobert als Seidenhersteller, sorgten die "Böhmen" als Spinner für die benötigten Vorprodukte. Für sie errichtete man eigens Siedlungen und Dörfer (Nowawes, Rixdorf). Den für die Seidenproduktion benötigten Rohstoff erhoffte man im Land durch die Anlage von Maulbeerplantagen zu gewinnen.

Neben den Textilien gewann die Fayence-, Steingut- und Porzellanherstellung im Manufakturbereich an Bedeutung. Ernst Gotzkowsky versuchte sich zuerst in der Seidenproduktion, verlegte sich dann aber auf die Porzellanherstellung.

Als er durch die wirtschaftliche Krise am Ende des siebenjährigen Krieges 1763 in den Konkurs getrieben wurde, übernahm der Staat seine Fabrik als königliche Porzellanmanufaktur. Daniel Splittgerber legte zwischen 1749 und 1753 drei Zuckersiedereien an, Sauerwald 1750 eine später von Johann Heinrich Ulrici weitergeführte Tabakmanufaktur. Der Engländer John Christian begann 1786 mit der Herstellung von Tapeten im alten Marstall. Aus Braunschweig verlegte Johann Siegmund Stobwasser seine Lackwarenfabrik in die Wilhelmstr. 98. Als Kreditgeber fungierte seit 1772 die staatliche Seehandlung, deren Aufgabe die Finanzierung von Schifffahrt- und Handelsgeschäften war. Ab 1808 beschränkte sie sich auf Bankgeschäfte. Berlin war gegen Ende des Jahrhunderts zum bedeutendsten Manufakturzentrum Preußens aufgestiegen.

Mitte 2012 13 Altes PalaisKrisen, Kriege und Besitzerwechsel haben das Schriftgut der Wirtschaft zerstreut oder vernichtet. Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsarchiv sichert Unterlagen zur Berliner Wirtschaft und erhält sie für die Nachwelt. Bitte geben Sie uns Hinweise auf solche Unterlagen (Festschriften, Werkszeitungen, Fotos, Patente, Jahresabschlüsse, Bilanzen oder Verträge).

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zuerst abgedruckt in: Mitte kompakt 2012/2013, Verlag BfB Bestmedia4Berlin.

Text: Dr. K. Dettmer

Illustrationen: BBWA