Kreuzberger Mischung

Die Industrialisierung sorgte für einen raschen Wandel des heutigen Bezirks Kreuzbergs: ganze Straßenzüge und Gebäudeblöcke wurden errichtet, in den Wohnen und Arbeiten zusammenkam: Vor allem in den Hinterhöfen florierte das Gewerbe – Kleinindustrie hinten, Händler vorn. Dass alte Gewerke heute Agenturen und Computerfirmen gewichen sind, ändert nichts an dieser »Kreuzberger Mischung«, wie eine Ausstellung zur ›Internationalen Bauausstellung Berlin1987‹ hieß.

taetosinIm Elisabethufer 53 etwa siedelten sich 1905 in einem Neubau die Tätosin-Werke an, Backhilfsmittel herstellten. Direktor Friedrich Braunbeck setzte ab 1913 auf die neue Firmierung Grana-Werke, die »feine Back- und Speisefette« herstellten. 1917 wurde das Unternehmen liquidiert. Das Elisabethufer 53 ist heute der denkmalgeschützte »Industriehof Engelbecken« am Leuschnerdamm 13. So unterschiedliche Gewerke wir die Marmorwarenfabrik Kessel & Röhl, eine Kofferfabrik, Davids Lampenfabrik, die Deutsch-Schwedischen Granitwerke, die Trockenmilchverwertungsgesellschaft und Speditionen waren hier angesiedelt. Auch die »Fabrik für Beleuchtungsgegenstände zu elektrischem Licht und Glas Franz R. Conrad« produzierte in einem Kreuzberger Hinterhof.

Vom Urbanhafen bis zur Spree an der Schillingbrücke verlief hier der 1852 eröffnete Luisenstädtische Kanal, der 1926 teilweise zugeschüttet und zu Grünanlagen gestaltet wurde., Für den Schiffsverkehr war der Verlauf des Kanals mit fast rechtwinkligen Knicken denkbar ungünstig. Das nach dem Erzengel Michael benannte Engelbecken sowie die »Dämme« Erkelenz-, Leuschner- und Bethaniendamm zeugen heute noch von dem Wasserverlauf.

Vom Moritzplatz, über den bis zu 18 Straßenbahnlinien führten und an dem das große Kaufhaus Wertheim thronte, herrschte turbulentes Treiben bis zu Halleschem und Kottbuser Tor; Ritterstraße und Oranienstraße waren die pulsierenden Adern dieses städtebaulich einzigartigen Ensembles, das die Kreuzberger Mischung möglich machte.
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