Johannisthal – die Wiege der deutschen Flugzeugindustrie

lenzeSeit Fliegen ein Menschentraum ist, haben Ballone, Zeppeline und schließlich die ersten Motorflüge öffentliches Aufsehen erregt. 1906 veranstaltete der fünfundzwanzig Jahre alte Berliner Verein für Luftschiffahrt einen Ballonwettbewerb in der Jungfernheide. Im August 1909 überflog der Zeppelin Z 6 die Stadt. Im gleichen Jahr ließ die Deutsche Flugplatzgesellschaft auf 200 ha Waldgelände des Gutes Johannisthal Start- und Landeflächen, Zuschauertribünen und Stehplatzflächen, Restaurant, Klubheim des kaiserlichen Aero-Klubs, Schuppen, Luftschiffhallen und Werkgebäude errichten. Der Flugplatz Johannisthal eröffnete am 26.9.1909 mit einem Konkurrenzfliegen der Aviatiker, das bis zum 3.10. dauerte. Es folgten nun regelmäßig im Frühjahr und Herbst Berliner Flugwochen, dazu nationale und internationale Wettbewerbe. Das Interesse des Publikums war enorm. Die BZ lobte einen Preis der Lüfte aus, die Zigarettenfabrik Manoli nutzt den Lichtfeuerturm der BAMAG für ihre Reklame.

Es siedelten sich die bekannten Flugzeugbauer Wright, Rumpler und Albatros auf dem Flugplatz an. 1914 zählte der Platz 57 Konstruktionswerkstätten und Flugschulen, 40 Schuppen für Flugzeuge sowie zwei Ballon- und eine Zeppelinhalle. Eintrittskarten verkauften Wertheim, die Filialen der Zigarrengeschäfte von Loeser & Wolff sowie die gerade erst gegründete Centrale für Fremdenverkehr Unter den Linden 14. Die Zuschauer konnten von den Bahnhöfen Niederschöneweide und Adlershof den Platz erreichen und über neun Zugänge betreten. Der erste Deutschlandflug der u.a. über Hamburg, Hannover, Köln mit einer Gesamtlänge von 1854 km führte, zog alleine 600.000 Zuschauer an und verursachte ein Verkehrschaos. Am 20.4.1912 beschloss das Reich, die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt in Johannisthal anzusiedeln. Das Militär verfolgte die Entwicklung mit regem Interesse, ließ sich Maschinen für eigene Zwecke bauen und bildete Militärpiloten in Döberitz aus. Mit Kriegsbeginn verlagerte sich der Schwerpunkt auf die Rüstungsproduktion. Der Versailler Vertrag verbot alle militärischen Projekte. Die Zivilluftfahrt setzte ihren Aufstieg seit Mitte der zwanziger Jahre auf dem Tempelhofer Feld fort. In Johannisthal, Adlershof und Oberschöneweide erinnern nur noch Straßennamen an dieses Kapitel, das "im Fluge" verging.

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Zuerst (gekürzt) abgedruckt in: Treptow kompakt 2012/2013 beim verlag BfB Bestmedia 4 Berlin

Text: Dr. K. Dettmer