Wirtschaftlicher Ursprung von Französisch Buchholz

PankowDie positive Bedeutung des Wortes Asyl beweisen 300 Jahre Zusammenwachsen mit den Hugenotten, Glaubensflüchtlingen aus Frankreich. Brandenburg war durch den 30-jährigen Krieg zerstört und halb entvölkert, Häuser und Orte "wüst", also verlassen. Kurfürst Georg Wilhelm warb deshalb 1685 französische Refugiées. Ihnen wurden leerstehende Häuser, Baumaterial, Ackerland, Kredit und Befreiung von Steuern zugesagt, dazu eigene Schulen, Verwaltung, Gottesdienst, Gerichte und Armenverwaltung, ohne den Zwang zur deutschen Sprache.

Die Gründe hierfür waren auch wirtschaftliche: Das Kurfürstentum erhielt spezialisierte Handwerker (Textil, Uhren, Gold- und Silberschmiede). Landwirte und Gärtner brachten Gemüsesorten mit (Bohnen, grüne Erbsen, Blumenkohl, Artischocken und Spargel). Sie eröffneten Konditoreien und Lokale. Die Angeworbenen mussten große Teile des Anmarschweges zu Fuß gehen, so auch Fontanes Vorfahren aus dem Languedoc. In Wellen kamen sie zwischen 1684 und 1710 nach Brandenburg, insgesamt 20.000, davon ein Viertel in Berlin. In den Dörfern ringsum siedelten sie in Buchholz, Spandau und Köpenick. Allmählich löste sich der enge Zusammenhalt der Refugiées auf. Ab 1826 wurde der Gottesdienst auf Deutsch abgehalten. Bei der Versorgung Berlins mit Gemüse und Feldfrüchten spielte Buchholz ab 1750 eine Rolle, die auch Nicolais Beschreibung Berlins betont. Chodowieckis Stich einer Wallfahrt nach Französisch-Buchholz von 1775 mag Anlass gewesen sein. Als Ausflugsziel lag Französisch-Buchholz noch vor dem Eisenbahnbau in erreichbarer Nähe. In den Erinnerungskanon fand die Hugenottenzuwanderung durch den Terrakottafries des neuerbauten Roten Rathauses 1876.

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abgedruckt in: Pankow kompakt 2013/2014, Verlag BfB Bestmedia4Berlin
Text: Dr. K. Dettmer