Ade, Dorf, willkommen, Weltkonzern: NCR in Neukölln

Neukoelln 2017 NotgeldMit 714 Personen war Rixdorf, aus dem einmal Neukölln werden sollte, in das 19. Jahrhundert gegangen, an seinem Ende waren es 60.000 Einwohner – jene aus Rudow, Buckow und Britz gar nicht mitgerechnet. Berlin boomte nach Beginn der Industrialisierung und der Reichsgründung. Deshalb bekam Rixdorf an Berlins südlichem Rand diese Entwicklung voll zu spüren: Die Menschen zogen in Scharen hierher, aber auch Gewerbe und Industrie siedelte sich an. Die für den Stadtaufbau notwendigen Gewerbe fanden sich am Landwehrkanal (der Neuköllner Verbindungskanal entstand erst 1902-03). Das Maybach-Ufer war bekannt für seine Stein.- und Brennholzhandlungen, während am Kottbuser Damm die Kohlen und Nutzholzhandlungen saßen, darunter schon damals traditionsreiche Unternehmen wie Fischer & Collberg, Gebrüder Ebeling, Homeyer & Siegelkow, Welke & Elbe sowie Albert Kremzow, Franz Stolz und die Firma Louis Treitel mit ihrer Dampfschneidemaschine.

Neukoelln 2017 National Registrierkassen AGGar nicht mehr dörflich setzte sich die industrielle Entwicklung fort, und mit der seit 1896 in Deutschland existierenden deutschen Tochter der National Cash Register Corporation (NCR) siedelte sich ein Weltkonzern in Neukölln an. Anfang der 1920er Jahre wurde in der Thiemannstraße ein imposanter Sechs-Gebäude-Komplex errichtet, der das gesamte Europageschäft des Konzerns lenkte. Die „Nationale Registrierkassen GmbH“ als Berliner Tochtergesellschaft fusionierte 1934 mit Krupp zur „National-Krupp Registrierkassen GmbH“. Das Unternehmen war in die Kriegswirtschaft eingebunden und beschäftigte Zwangsarbeiter. Die vornehmlich weiblichen Häftlinge waren im Zwangsarbeiterlager in der Sonnenallee untergebracht, das ab August 1944 als Außenkommando dem Konzentrationslager Sachsenhausen unterstellt wurde. Nach dem Krieg wanderte die Zentrale nach Augsburg ab, die Produktion währte bis in die 1970er Jahre. 1978 zogen die Auer-Gesellschaft, ein Hersteller von Arbeitsschutzgeräten, und 2003 auch das Finanzamt Neukölln in das Werk ein.

Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Hinweise hierzu sind herzlich willkommen.

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Text: Björn Berghausen