Wilmersdorf – Goldene Zwanziger im Luna-Park

Wilmersdorf 2013 2014 02Wilmersdorf besteht aus den Teilen Wilmersdorf, Halensee, Schmargendorf und Grunewald. Im Luftbild ist der halbe Bezirk grün – der andere ist Innenstadt. Der östliche Teil ist so dicht besiedelt wie Schöneberg oder Kreuzberg, Schmargendorf nur noch halb so dicht, in Halensee in den großen Villen sinkt die Bevölkerungsdichte auf ländliches Niveau, während im Grunewald kaum Einwohner gemeldet sind.

Diese Zwittergestalt Wilmersdorfs prädestiniert es zum Erholungsgebiet in unmittelbarer Nähe zur Stadt. Und das war auch früher schon so – etwa am Halensee. Dieser ist der nördlichste der östlichen Grunewald-Seenrinne und als der "Hohle See" oder "Holesee in der Harden Heide" früh erwähnt.

1874 kam ein findiger Zimmermann auf die Idee, an der beliebten Badestelle am 6 m tiefen Halensee eine Getränkebude aufzubauen und als Bademeister für die Badesicherheit zu sorgen. Die Wilmersdorfer waren dankbar, die Aufseher des königlichen Forstes hingegen nicht und riefen die berittenen Gendarmen. Doch ab 1879 folgte hier ein feines Restaurant, das im Laufe der Jahre Attraktionen anhäufte: ein Karussell sowie Schieß- und Würfelbuden. In Theodor Fontanes Roman "Frau Jenny Treibel" nennte die Titelfigur die Terrassen am See "eine Wunderwelt".

Wilmersdorf 2013 2014 01 Dazu wurden sie aber erst richtig, als am 14. Mai 1904 der eh. Kempinski-Küchenchef Bernd Hoffmann und der Gastronom August Aschinger ein märchenhaftes Schloss mit Türmchen und Freitreppe und einem Freizeitpark mit Rummelcharakter anlegten: Wasserrutsche, Rütteltreppen, Wellenbad und Hippodrom lockten die Berliner zu Zehntausenden am Tag in den seit 1909 so genannten Luna-Park. Die Goldenen Zwanziger Berlins sind nicht denkbar ohne dieses Berliner Tivoli – ein „Rummel mit Geschmack und Eleganz“. Revuen, Theater, Boxkämpfe und jeden Abend Feuerwerk wurden im Luna-Park geboten, dem allerdings die Inflation und Wirtschaftskrise arg zusetzten. Eine Wiederbelebung 1929 scheiterte, im Oktober 1933 war endgültig Schluss mit lustig am Halensee, 1935 erfolgte der Abriss des Luna-Parks zugunsten der Halenseestraße, die im Zuge des Olympiabauprogramms gebaut wurde. Nicht abgerissen wurde hingegen das Schaltwerk von Richard Brademann, das noch heute an der Halenseestraße ein Denkmal der Berliner Industriekultur und Teil der Elektropolis ist.

Trotz ihrer Bedeutung existieren kaum Unterlagen über viele ehemals bekannte Unternehmen. Krisen, Kriege und Besitzerwechsel haben das Schriftgut der Wirtschaft zerstreut oder gänzlich vernichtet. Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Bitte geben Sie uns Hinweise auf solche Unterlagen (Festschriften, Werkszeitungen, Fotos, Patente, Jahresabschlüsse, Bilanzen oder Verträge).

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Abgedruckt in Wilmersdorf kompakt 2013/2014, Verlag BfB Bestmedia4Berlin GmbH
Text: Björn Berghausen
Illustrationen: BBWA