Die Entstehung des Kurfürstendamms

charlottenburg kleinbBerlin stieß Mitte des 19.Jahrhunderts an seine Grenzen. Der Hobrecht-Plan betraf nur das Alt-Berliner Gebiet. J.A.W.Carstenn erwarb vorausschauend im Dorfring um Berlin günstig Bauland und errichtete nach englischem Vorbild Villen- und Landhauskolonien. Ihm schwebten schon um 1860 Verlängerung und Umbau des alten Knüppeldamms zum Jagdschloss Grunewald zu einer Prachtstraße nach Halensee vor. Die Gründerjahre verstrichen, die Bodenspekulationsgesellschaften gingen bankrott.

Erst Reichskanzler Otto von Bismarck setzte sich unter dem Eindruck seiner Pariser Gesandtenzeit und überzeugt von der Notwendigkeit einer der Reichshauptstadt angemessenen Ausfallstraße für den Bau des Kurfürstendamms beim Kaiser ein. Der erteilte per Kabinettsordre vom 2.6.1875 den Auftrag, aber vergab ihn erst acht Jahre später an den Baumschulenbesitzer John Booth, der enge Verbindungen zu Carstenn pflegte. Gegen die Überlassung von 234 ha fiskalischen Grunewaldgeländes zum Preis von 1,20 Mark/ha verpflichtete sich Booth zum Bau der Prachtstraße, die zwar nicht die Breite von 100 Meter der Champs Elysées besaß, mit 53 Metern aber noch immer breitrer war als alle anderen Planungen.

Allerdings waren die Bodenpreise zwischen 1860 und 1880 um das fast 600-fache gestiegen. Am Kapital (8 Millionen Mark) der 1882 gegründeten Kurfürstendamm-Gesellschaft waren die Berliner Handelsgesellschaft und die Deutsche Bank entscheidend beteiligt. Die Gesellschaft wurde nach Abschluss der Bauarbeiten 1892 liquidiert. Sie hatte bis dahin 25 Millionen Mark erwirtschaftet. Ab 1882 hatte der Kurfürstendamm in Halensee einen Ringbahnanschluss. Seit 1886 verkehrte eine Dampfstraßenbahn auf dem Ku-Damm. Beim U-Bahnbau reichte die Initiative nur bis zur Station Uhlandstraße. Es brauchte ein weiteres Jahrzehnt zur Bebauung der noch freien Grundstücke. Auf den Freiflächen gastierten Zirkusse und fanden Ausstellungen zu Kolonialthemen sowie Flottenspiele und Radrennfahrten statt. Mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erhielt der Kudamm 1895 einen markanten Blickpunkt. Ausflüger zog es in die Halensee-Terrassen und den nebenan eröffneten Luna-Park. Für die Bummler boten die zahlreichen Cafés des Kurfürstendamms Einkehr- und Treffpunkte. Neben Theaterneubauten in der Umgegend der Prachtstraße entstanden die mit dem Marmorhaus und dem Palast-Theater am Zoo die ersten Stummfilmkinos.

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Autor: Klaus Dettmer

Abgedruckt in: Charlottenburg kompakt 2011/12, Verlag Bestmedia4Berlin GmbH
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